Die meisten Sportler fühlen sich zu ihrem Sport berufen. Umso unerträglicher ist es für sie, wenn sie einfach nicht zum Zug kommen, und dadurch nicht zeigen können, wozu sie im Stande sind.
Wir zeigen auf, was für verheerende Folgen das haben kann…
Die psychoemotionalen Auswirkungen auf Sportler, die einen Großteil ihres Lebens der Erfüllung ihrer Sportträume widmen und erkennen, dass ihr Weg blockiert ist, dürfen nicht unterschätzt werden. Für Betroffene führt der Verlust der Kontrolle über das Erreichen ihrer Träume zu einer verheerenden Identitätskrise, die nicht ohne weiteres gelöst oder akzeptiert werden kann.
Manche Athelten werden aus verschiedensten Gründen an der “kurzen Leine gehalten”, worunter ihr Selbstwertgefühl enorm leidet. Auch der Zuspruch von Familie und Freunden hilft hier nicht mehr, wenn man vom Team bzw. Trainer ständig das Gefühl vermittelt bekommt, nicht gut genug zu sein, um zu spielen.
Zudem wird es für einen Sportler immer schwerer ohne Angst auf dem Feld zu agieren, wenn er nur wenig Zeit darauf verbringt. Der Athlet bekommt dadurch schnell das Gefühl, dass er sich – sobald er einmal den Rasen betritt – in wenigen Minuten zu beweisen hat und erbringt seine Leistung unter enormen Druck eher schlecht als recht.
Folge – Identitätsverlust
Der Betroffene fühlt sich schnell hintergangen und unfair behandelt – ein Gefühl, das er nur schwer wieder ablegen kann, was sich wiederrum nicht nur auf seine gesamte Spieler-Karriere auswirkt. Diese Form des Identitätsverlustes kann sich auf den Sportler nicht nur auf dem Feld sondern auch in weiterer Folge auf sein ganzes Leben ausbreiten.
Im Folgenden sollen Verbesserungsvorschläge aufgezeigt werden, die allen beteiligten Parteien helfen sollen, Identitätskrisen zu vermeiden…
1. Vorschläge für den Trainer
Die Auswirkungen der Identitätskrise auf die Leistung des betroffenen Athleten sind zweifelsfrei negativ. Es ist offensichtlich, dass einen guten Sportler die Fähigkeit ausmacht, die Erwartungen des Trainers zu verstehen und sie auch selbstbewusst zu erfüllen. Zudem kann sich jemand, der seine Rolle im Team versteht, Ziele stecken, die auch im Sinne des Teams sind.
Für den Trainer ist es von zentraler Bedeutung, dass er jeden Spieler als Individuum betrachtet, um letztendlich das große Ganze im Blickwinkel zu haben. So ziehen letzten Endes alle an einem Strang.
Er muss jedem Teammitglied das Gefühl geben, wertvoll zu sein. Das gestaltet sich häufig schwierig – insbesondere bei jenen, die wenig Zeit auf dem Feld verbringen. Während Stammspieler in der Regel ihre Rolle im Team kennen, und häufig im Einsatz sind, ist es für den Trainer bei “Bank-Spielern” schwer ihre Fortschritte bzw. Leistungen zu ermessen.
Umso wichtiger ist es, dass sich der Trainer für sie interessiert, wenn sie dann doch Zeit auf dem Feld bekommen – selbst, wenn er sie nur raus schickt, sobald das Spiel praktisch schon entschieden ist. Das kann nicht nur das Selbstbewusstsein des Athleten stärken, sondern dem Team auch bei Verletzungen von anderen Spielern zugutekommen.
Wichtig ist zudem, zu begreifen, dass Teil eines Teams zu werden nicht gleichbedeutend ist mit dem Verlust der eigenen Persönlichkeit. Ganz im Gegenteil! Die unzähligen Charaktere und Persönlichkeiten eines Teams machen es letztendlich erst zu etwas Besonderem.
Problemen – seien sie nun sportlicher oder persönlicher Natur – sollte ein guter Trainer niemals aus dem Weg gehen, sondern sie direkt ansprechen. Dadurch signalisiert er seinen Sportlern auch, dass sie ihm am Herzen liegen, und nicht nur der Sieg. Im Sport ist und bleibt nämlich das wichtigste Bindeglied die Beziehung zwischen Trainer und Spieler.
Sobald ein Trainer diese Beziehung von der Leistung des Athleten abhängig macht, können irreparable Schäden sowohl beim Sportler als auch beim Team per se entstehen.
Der Coach muss daher einsehen, dass der Mensch zählt, und nicht nur, ob man gewinnt oder nicht. Die Pflege der Beziehung zwischen Trainer und Sportler kann auch der richtige Weg zum Erfolg des Teams sein. Dafür muss er sich Zeit nehmen – und zwar für jedes einzelne Individuum der Mannschaft.
2. Vorschläge für den Athleten
Ein Athlet, der sich für den Team-Sport entscheidet, muss einsehen, dass er zum Wohle des Teams gewisse Dinge opfern muss, wie zum Beispiel einen großen Teil seiner Entscheidungs- und Kontrollmacht.
Diese Erkenntnis ist für viele Sportler eine der größten Hürden. Teamsportler neigen dazu, ihre Fähigkeiten an ihrer aktiven Spielzeit zu messen. Doch er bzw. sie muss stattdessen einsehen, dass sich einem Team zu verschreiben und ihm anzugehören, auch bedeutet, hin und wieder zurückzustecken und ab und zu eine Rolle einzunehmen, die einem nicht unbedingt recht ist.
Diese Hingabe muss stark genug sein, um auch jene Zeiten zu überbrücken, die nun mal weniger Spiel-intensiv ausfallen.
Die Einsicht dieser Tatsache kann einem Sportler nicht nur dabei helfen, seine bzw. die Erfolge des Teams mehr zu schätzen, sondern erteilt ihm auch eine wichtige Lektion. Nämlich die, dass sobald ein Athlet auf der Wettbewerbspyramide empor steigt, die Chancen auf eine regelmäßige Spielzeit kleiner werden, das sieht man bei Spieler welche von einer niedrigen Liga/Mannschaft in eine Bessere wechseln.
Leider kann das, besonders im Amateur-Bereich oder bei älteren Athleten dazu führen, den Sport an den Nagel zu hängen, wenn man beispielsweise nicht die Möglichkeit hat, im Team aufzusteigen. Andere wiederum nehmen eine sekundäre Rolle an.
All das kann dabei helfen, Ziele anzupassen, die mit der Abhängigkeit des Sportlers vom Leistungssport in seinem Leben zusammenhängen. Diese neue Perspektive ermöglicht es dem Athleten objektiv auf seine oder ihre Situation zu blicken, was wiederum dazu führt, dass man die Entscheidung des Trainers vielleicht besser nachvollziehen kann.
Diese Sicht auf die Dinge kann auch die Unterscheidung zwischen dem Athleten und der Person dahinter erleichtern. Für den Sportler ist diese Differenzierung entscheidend. Während einer Erfolgssträhne ist es immer leicht, als Athlet gesehen zu werden, während man sich in schlechten Zeiten bemühen muss, diese Probleme nicht in andere Lebensbereiche zu übertragen. Er oder sie muss auch verstehen lernen, dass die Entscheidung eines Trainers nicht persönlich genommen werden darf. Dieser handelt zum Wohle des Teams – nicht um einem Einzelnen zu schaden.
Außerdem ist wichtig zu unterscheiden: Die Beurteilung von Fähigkeiten ist nicht gleich die Beurteilung des Wertes eines Menschen. Diese Einsicht kann dem Athleten auch in anderen Lebensbereichen von Nutzen sein. Es ist von großem Vorteil, in einem Team zu stecken, da man so seine individuellen Stärken und Schwächen schneller erkennt. Der wahre Wert dabei ist die Entwicklung des Selbstvertrauens.
Während es für den Trainer wichtig ist, dem Athleten Selbstvertrauen zu schenken, ist Selbstvertrauen wiederum die Basis für eine gute Leistung. Es ermöglicht einem Sportler, Höchstleistungen zu erzielen.
Sobald er oder sie die Entscheidung seines Trainers persönlich nimmt, kann dies das Selbstvertrauen untergraben, was es schwierig macht, Probleme mit dem Trainer zu besprechen. Das führt letztendlich zu einem wahren Teufelskreis.
Für den Athleten ist daher die Schaffung und Aufrechterhaltung seines Selbstvertrauens essentiell, vor allem wenn es dazu kommt, dass er nicht aktiv am Spiel teilnimmt.
Die Neuanpassung von Zielen kann zudem dazu beitragen, dass sich die Athleten wohler fühlen, wenn sie sich erreichbare Ziele stecken, die nicht nur an der Spielzeit und den Statistiken gemessen werden. Sobald sich einer von ihnen auf der Leiter des Wettbewerbs bewegt, kann sich seine Motivation für den Sport ändern.
3. Teamsport – Nicht jedermanns Sache
Dadurch können sie sogar leichter erkennen, wenn sie einfach nicht für den Teamsport geeignet sind, und steuern stattdessen eine eigene sportliche Laufbahn an. Die Durchsetzungsfähigkeit und Erkenntnis über die eigenen Stärken und Schwächen Bescheid zu wissen, kann einem außerdem dabei helfen, zu akzeptieren, was man nicht ändern kann und diese Tatsache auch möglichst objektiv mit dem Trainer und dem eigenen Umfeld zu besprechen. Ein Athlet sollte daher stets überprüfen, ob seine persönlichen Zielen mit jenen des Teams übereinstimmen.
4. Vorschläge für den sportpsychologischen Berater und Mental Trainer
Die Beziehung zwischen Spieler und Trainer verursacht in der Regel bei allen betroffenen Athleten das größte Problem und die meiste Verwirrung. Dicht gefolgt vom Mangel an Spielzeit, der mit einem Identitätsverlust einhergeht, mit dem die meisten nicht umgehen können. Abgesehen davon führt auch die Unfähigkeit zwischen der eigenen Rolle als Athlet und der als Individuum zu unterscheiden, zu Schwierigkeiten.
Für Trainer kann es eine besondere Herausforderung darstellen, die individuellen Bedürfnisse seiner Teammitglieder zu verstehen und zu tolerieren. Dabei könnten sie Hilfe gebrauchen, um die Auswirkungen ihrer Handlungen auf die Gefühle des Athleten bezüglich sich selbst nachvollziehen zu können.
Die Spielzeit ist nicht immer mit Erfolg gleichzustellen. Eine wertvolle Rolle auf der Bank oder in der Praxis zu finden, kann genauso effektiv sein wie Zeit auf dem Feld. Abgesehen davon ist es wichtig, dass sowohl der Athlet als auch der Trainer erkennen, wann es Zeit ist, aufzuhören oder das Team zu wechseln.
Am wichtigsten ist es aber, dem Sportler klar zu machen, dass sein Erfolg bzw. Misserfolg am Feld nicht gleichbedeutend ist mit seinen Erfolgen als Mensch. Hier gilt es eine strikte Trennlinie zu ziehen. Der Trainer muss dabei eine tragende Rolle einnehmen.
Das vergisst man schnell, wenn man die Anerkennung und den Ruhm sieht, der erfolgreichen Sportlern entgegen gebracht wird. Abgesehen davon haben Reserve-Spieler ein viel zu negativ behaftetes Bild unter den Fans – ein Bild, das diejenigen auf der Bank selbst aufnehmen und somit mit mangelndem Selbstvertrauen zu kämpfen haben.
BE THE BEST YOU CAN BE
Dali